Die Macht der Perspektive, innere Konflikte überwinden
- Z.W
- 25. Juni 2024
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 4. Jan.

Wenn ich mein Gefühl an jenem Tag benennen müsste, dann war es von Konflikten geprägt. Ich war zwiegespalten. Einerseits herrschte Vorfreude und Neugierde auf das, was passieren würde, andererseits mein logischer, analytischer Verstand, der immer noch versuchte, all das zu verstehen, was in den letzten zwei bis drei Wochen geschehen war.
Zwei unterschiedliche Empfindungen machten sich gleichzeitig bemerkbar: die Gespanntheit und Freude auf das Treffen und der logische Verstand mit seiner Skepsis.
All diese Begegnungen fühlten sich so natürlich und normal an, als hätte ich die Fähigkeit, mit ihm zu kommunizieren, schon immer in mir gehabt. Es fühlte sich selbstverständlich und leicht an, nichts Besonderes. Mein Verstand konnte das Geschehene nicht kategorisieren. War es ein Wunder, Spinnerei oder tatsächliche Kommunikation außerhalb meiner bisher bekannten Fähigkeiten?
Menschlich gesehen gab es für mich keine Möglichkeit, es zu verstehen, zu analysieren und anschließend logisch zu erklären oder zu validieren.
Unter der Oberfläche des menschlichen, faktenbezogenen Denkens gibt es diesen tief im Inneren des Unterbewusstseins verborgenen Teil meines Ichs, der während dieser Begegnungen den Verstand überlagert und die Oberhand gewinnt. Wie zwei Schichten, die automatisch ihren Stellenwert wechseln. Der Verstand fühlt sich an wie die obere, äußere Schicht meines Ichs – eine beschäftigte, ständig in Bewegung befindliche Schicht, bildlich gesprochen wie eine stark befahrene Autobahn. Darunter liegt mein Unterbewusstsein, eine viel tiefere Schicht des Ichs, wo Ruhe, Gelassenheit und Zwanglosigkeit herrschen.
Meine gespannte Erwartung und Freude, ihn zu treffen, waren stärker, also ignorierte ich ganz bewusst mein menschliches Denken und konzentrierte mich auf mein inneres Gefühl. Ich entschied mich, unter die Oberfläche meines Egos einzutauchen und in das tiefere Unterbewusstsein einzutauchen.
In dem Moment, als ich mein Unterbewusstsein betrat, sah ich ihn schon. Wie immer kam er langsam in meine Richtung. Als er etwa sieben, acht Meter vor mir war, schritt er zur Seite des Weges, bückte sich und beobachtete interessiert etwas am Boden, dort, wo der Weg an die Wiese grenzt. Er drehte seinen Kopf in meine Richtung und machte mir ein Zeichen, ich solle zu ihm kommen.
Als ich neben ihm stand, war ich total neugierig, was er am Boden betrachtete. Ich bückte mich, um besser sehen zu können. Ich sah ein paar Ameisen, die beschäftigt zwischen den Grashalmen hin- und herliefen, und einen dicken, braun-schwarzen Käfer.
„Sind diese gewöhnlichen Insekten der Grund für sein Interesse?“, ging mir durch den Kopf. Ich hatte etwas Besonderes, Spezielles erwartet.
„Sie sind auch meine Geschöpfe“, sagte er. „Ein kleines Zahnrad in diesem großen Ganzen. Für viele mögen sie klein und unwichtig erscheinen, aber wenn ein winziges Zahnrad fehlt, dann funktioniert das Ganze nicht. Sie sind wunderschön, oder?“
Er setzte sich nun gemütlich auf den Boden, und ich dachte: „Ok, es scheint so, als würden wir für eine Weile diese winzigen Geschöpfe beobachten. Nicht wirklich aufregend.“
„Komm, setz dich neben mich. Ich will dir etwas zeigen. Alles ist immer eine Frage der Perspektive. Die Perspektive, aus der man etwas betrachtet, ist unglaublich wichtig. Sie kann die Wahrnehmung dessen, was du betrachtest, gewaltig verändern. Die Macht der Perspektive kann innereKonflikte überwinden"
Im nächsten Moment, ohne etwas zu spüren, sah ich die Szene am Boden, als würde ich durch die Augen der Ameise oder des Käfers blicken. Ich nahm alles um mich herum wahr, als würde ich aus der Perspektive dieser Insekten sehen. Es fühlte sich nicht an, als würde ich durch ein starkes Vergrößerungsglas schauen. Nein, ich war mit meinem Bewusstsein mitten in dieser Szenerie und sah alles aus der Perspektive der Insekten. Ich war nicht geschrumpft, nichts dergleichen war passiert.
Ich empfand es als ganz natürlich, nicht als ein Wunder oder etwas Besonderes. Es war, als hätte ich diese Erfahrung schon zigmal gemacht. Ich war nicht einmal überrascht davon.
Der Grashalm schien sechs- bis siebenmal größer als der Betrachter, die Sandkörner am Boden waren faustgroß. Der Käfer neben mir hatte die Größe eines Esels nach menschlichem Maß.
„Irre“, dachte ich, „was für eine einmalige Erfahrung. Wahnsinn! So fühlt sich also alles an von hier.“ Ich staunte und war total verblüfft.
Ich, mittendrin in dieser kleinen Welt als Beobachter. Mir war klar, dass ich nicht wirklich da war – körperlich meine ich. Ich fühlte mich wie jemand, der die Fähigkeit besitzt, sich in diese winzigen Geschöpfe hineinzuversetzen, und merkte sofort, wie komplex und vielschichtig diese kleine Welt ist.
Als ich sie von oben betrachtet hatte, sah ich das Gras als einen grünen Teppich am Boden, die Insekten konnte ich nicht deutlich erkennen. Von hier, aus dieser anderen Perspektive, sah ich jetzt so viel mehr. Plötzlich kam mir der Gedanke: „Für sie bedeutet die ganze Welt das, was sie sehen und wahrnehmen.“
„Ja“, sagte er, als hätte er augenblicklich meinen Gedanken gewusst. „So ist es. Versuche, den Baum, wo wir uns immer treffen, aus dieser Perspektive wahrzunehmen. Dieser Baum existiert für sie nicht. Oder die Hügel. Sie können sie nicht als Baum oder Hügel erfassen. Sie sind zu groß für sie. Es liegt außerhalb ihrer Wahrnehmung. Sie haben nicht die physischen, psychischen oder geistigen Fähigkeiten, es als Hügel oder Baum zu erkennen. Sie existieren für sie nicht. Du existierst für sie nicht, und ich auch nicht. Sie kennen Musik und Kunst nicht. Sie wissen nicht, dass der Ozean existiert, und auch nicht die Milchstraße. Sie sind sich nur ihrer kleinen Welt bewusst. Für sie bedeutet die Welt etwas ganz anderes als für dich. Deren Welt ist anders als deine. Du kannst auch nicht alles wahrnehmen, was sie können. Trotzdem aber existiert die Welt, die du wahrnimmst, und die Welt, die sie wahrnehmen. Zwei verschiedene Universen, fragst du dich vielleicht? Deren und deiner? Nein, nur die Perspektive und das, was ihr wahrnehmt, ist anders. Sie betrachten es als real und sehen es aus ihrer Perspektive, du aus der menschlichen Perspektive. Jedes Lebewesen, euch eingeschlossen, nimmt nur das wahr, was eure Sinne und euer Gehirn aufnehmen und verarbeiten können. Jetzt sag mir, wer hat hier recht? Der Käfer, der sich nur dieser kleinen Welt bewusst ist, du als Mensch mit all dem, was du wahrnimmst und als Realität betrachtest, oder keiner von euch beiden? Eine Biene sieht die Welt ganz anders als eine Fledermaus. Ein Hund riecht so viel mehr als du mit deinem Geruchssinn aufnehmen kannst. Sogar ihr Menschen nehmt die Welt, die Realität, das Universum so unterschiedlich wahr. Für Einstein sah das Universum ganz anders aus als für Mutter Teresa. Für einen Menschen, der in Armut lebt und jeden Tag um seine Existenz kämpft, sieht die Welt anders aus als für einen Superreichen. Für kranke, trauernde oder hoffnungslose Menschen bedeutet die Welt um sie herum etwas anderes als für unbeschwerte, gesunde und glückliche Menschen. Alle Lebewesen haben Grenzen in dem, was sie bewusst aufnehmen. Ihr Menschen glaubt tatsächlich, dass ihr das Universum versteht und wisst, wie es funktioniert. Vielleicht versteht ihr eure kleine Welt. Das vielleicht. Aber das Ganze? Nein, das bestimmt nicht. Soll ich dir noch etwas verraten?“, sagte er weiter. „Die Wahrheit ist, dass das, was ihr als das Universum nennt und versteht, nur ein winziger Teil des Ganzen ist. In eurem Maßsystem würdet ihr es als mikroskopisch bezeichnen. Es ist unmöglich, einen Blick in die echte Realität zu werfen, wenn ihr nur eure physischen, organischen Sinne und euren Verstand benutzt. Ihr habt die Fähigkeit und die Möglichkeit, Blicke in die wirkliche Realität zu werfen, wenn ihr euer wahres Ich entdeckt, aufwacht und dann durch das innere Auge des Ichs schaut. Kurzer Test für dich“, sagt er.
„Ich frage dich etwas, und du antwortest sofort, ohne nachzudenken.“ „Ok“, sage ich. Ich bin ziemlich überwältigt und verblüfft von alledem. „Alles, was du jetzt eifrig in dein Notizbuch schreibst, all diese Worte, die dir wie ein Diktat vorkommen. Ist die Quelle dessen dein Verstand, deine Intelligenz, dein angeeignetes Wissen oder eigene Erfahrungen?“
Nein“, antworte ich sofort. „So etwas könnte ich mir nicht ausdenken. Es übertrifft meine Vorstellungskraft. Ich fühle mich eher so, als würde ich mir einen Film anschauen und keine Ahnung haben, was in den nächsten Minuten passieren wird.“ Als ich das sage, bin ich tatsächlich total ehrlich.
„All das, was du jetzt mit deinem inneren Auge siehst, hörst, all diese umfangreichen Gefühle und die Menge an Informationen, die du augenblicklich aufnimmst, ist nur möglich, weil du eine Tür zu deinem inneren Ich geöffnet hast. Du kannst dir nicht vorstellen, wie mächtig und fähig du tatsächlich bist. Wie großartig und vielfältig ihr seid. So oft glaubt ihr, dass euer materieller Körper alles ist. Dass ihr euer Körper seid. Der Körper ist nur das Werkzeug dessen, was ihr seid. Nicht mehr und nicht weniger.“ Ich fühle mich gerade ziemlich demütig, und ich werde alles, was er mir heute gesagt hat, erst einmal verdauen müssen. Seine Aussagen haben mich beeindruckt. Und die Überheblichkeit, mit der ich heute zum Treffen kam, betreffend der Kraft und Stärke meines Verstandes, fühlt sich jetzt einfach nur erbärmlich an. Er wiederholt es: „Fühl dich jetzt nicht schuldig oder schlecht, weil du so viel Wert auf deinen Verstand legst. Ihr kennt so wenig vom Ganzen, und Fehler zu machen ist normal und nicht schlimm. Ich bin ja da und kann euch viel beibringen. Ihr müsst mir nur die Tür zu eurem wahren Ich öffnen
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